Menschenkette ums Rathaus

Menschenkette ums Rathaus

Auch wir Grünen haben uns beteiligt am 8.2.25 an der Menschenkette  ums Rathaus in Oesede, um es symbolisch vor undemokratischen Einflüssen zu schützen. Bei der Aktion der OMAS GEGEN RECHTS hat es neben zweier Reden junger Leute vom Gymnasium eine der Gleichstellungsbeauftragten Susanne Häring gegeben – zum Weiterlesen.

Liebe Omas gegen Rechts, liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Menschenkette,

die Jugendjahre eines Menschen sind meistens besonders prägend. Sei es durch die Entdeckung der Musikvorlieben, die Entwicklung von eigenen politischen Ideen und Vorstellungen sowie das Planen der persönlichen Zukunft. Für mich sind das die 1990er Jahre. In meiner Erinnerung ist das ein Jahrzehnt, in dem nach dem Zusammenbruch der DDR, der Beendigung des Kalten Krieges und dem Abbau der Grenzkontrollen in Europa einfach alles möglich war. Das bisherige Generationsversprechen, dass es den nachfolgenden Generationen wirtschaftlich besser geht als den vorangegangenen, schien erfüllt. Das machte Hoffnung – erzeugte ein Gefühl von Freiheit – und dies immer vor dem Hintergrund, dass das, was mal war, nie wieder passieren darf.

Nie hätte ich gedacht, dass wir wieder in Europa über Krieg oder Aufrüstung nachdenken müssen. Die europäischen Länder als Union vereint, für ein friedliches Zusammenleben – für ein Miteinander – für einen steten Austausch. Der Gipfel war dann 2002 mit der Einführung einer gemeinsamen Währung erreicht. Auch wenn ich es persönlich bedauerte, die anderen Währungen mit so unbekannten Bildern nicht mehr in den Händen zu halten, war es doch ein Zusammenschluss, der vieles einfacher, bequemer machte und auch ein Gefühl von Zusammengehörigkeit erzeugte.

Und was geschieht jetzt? Wir leben in einer Zeit, in der Frieden, Toleranz und Sicherheit nicht mehr selbstverständlich sind, sondern immer wieder aufs Neue hart erkämpft werden müssen. Wie sicher ist denn unser Frieden? Besteht unsere Welt nicht in erster Linie aus Konflikten, Misstrauen, Unsicherheit und persönlichen Machtgelüsten? Wo sind die Werte geblieben, die aus meiner Sicht so gesichert waren und alle mitgetragen haben?

Sind sich viele von uns nicht mehr bewusst, was Frieden heißt und was das historisch für eine Errungenschaft ist, dass wir auf deutschem Gebiet seit fast 80 Jahren keinen Krieg mehr haben? Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedeutet stets ein Streben nach Verständigung, einem harmonischen Miteinander, aber auch Respekt voreinander. Respekt wiederum bezeichnet eine Form der Wertschätzung, der Achtung und der Ehrerbietung gegenüber einer Person oder Institution. Das beschreibt sehr gut, was ich einmal gelernt habe, auch wenn es umgekehrt formuliert wurde: „Was du nicht willst, das man Dir tu`, das füg auch keinem andern zu.“ Und damit ist jeder Mensch gemeint – auch wenn wir einmal einen genauen Blick auf uns selber werfen und hinterfragen, wie ein Verhalten oder Handeln von uns bei anderen ankommt und welche Toleranz wir von den anderen dazu erwarten – ist es dann von uns selbst zu viel verlangt, dass andere denselben Anspruch an uns haben?

Toleranz und Meinungsfreiheit gehören aktuell für mich gerade sehr nah zusammen. Toleranz ist die Bereitschaft, Menschen so zu akzeptieren, wie sie sind. Dabei spielt es keine Rolle, welche Hautfarbe sie haben, wie sie ihre Geschlechtsidentität definieren, welcher Konfession sie angehören, welcher Nationalität oder Kultur sie angehören, welchen Lebensstil sie für sich wählen oder wen sie lieben. Wer maßt sich an, darüber zu urteilen, was besser oder richtiger ist und was nicht zu tolerieren ist? Was soll denn passieren, wenn wir andere Leben und Lebensweisen tolerieren? Warum sollen Brücken ab- statt aufgebaut werden? Was soll damit gewonnen werden?

Wer in die Geschichte der Welt schaut, wird erkennen, dass es immer Völkerwanderungen und Austausch zwischen unter-schiedlichsten Menschengruppen gegeben hat. Und das war auch gut so. Je eingeschränkter wir agierten, desto weniger Fortschritt war zu verzeichnen; und eigentlich wollen wir doch alle mehr – aber ohne Austausch wird das nicht möglich sein. Um dazu ein kleines Beispiel unserer deutschen Geschichte anzuführen: Unsere tollen Wirtschaftswunderjahre nach dem verlorenen Krieg werden immer noch gelobt; aber hätten wir das alleine geschafft? Nein, dabei haben uns auch die vielen „Gastarbeiter“ unterstützt, die aus vielen Ländern angeworben wurden und dann bei uns eine neue Heimat gefunden haben. Auch heute suchen wir dringend Fachkräfte im Ausland.

Aber wie sollen sich diese Menschen aktuell bei uns fühlen? Die Menschen, die seit 60 Jahren hier leben, unseren Wohlstand maßgeblich miterwirtschaftet haben oder diejenigen, die jetzt angeworben werden, um in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Kitas zu arbeiten? Bereiten wir diesen Menschen aktuell ein angenehmes Willkommen? Ich denke nicht, denn, wenn ich die populistischen Schlagzeilen betrachte oder Kommentare in den Sozialen Medien lese, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich diese Menschen hier sicher fühlen. Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis und wer maßt sich an, das bestimmten Menschen

unserer Gesellschaft zu verweigern? Wer möchte selbst so behandelt werden?

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass Frieden, Toleranz und Sicherheit keine leeren Worthülsen werden, sondern lebendige Werte, die unser tägliches Handeln begleiten. Lassen Sie uns Verantwortung übernehmen, im Kleinen wie im Großen, in der Nachbarschaft wie in der Gesellschaft für eine bessere und gerechtere Welt, als sie aktuell erscheint. Und lassen Sie uns Sicherheit und Frieden für alle Menschen an erste Stelle setzen und dafür jederzeit eintreten.

Vielen Dank.